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Deutschsprachige Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation und refraktive Chirurgie
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24. Kongress der DGII 2010

Abstracts DGII 2010

VI. Wissenschaftliche Sitzung: Torische und additive IOL

R36

Konzepte der sulcusfixierten additiven IOL


Amon M
Akademisches Lehrkrankenhaus der Barmherzigen Brüder, Wien (Österreich)

Um die Nachteile der Polypseudophakie mit 2 herkömmlichen
bikonvexen Linsen zu vermeiden und den hohen refraktiven
Ansprüchen der Patienten/innen gerecht zu werden, wurde eine spezielle
additive IOL konstruiert. Ziel war es, ein ausgereiftes Linsensystem
(Sulcoflex®; Rayner®) zu entwickeln, welches ein breites
Indikationsspektrum bietet (Abb.1). Außerdem sollte die Linse einfach
und sicher zu implantieren (mit Injektor) und gut verträglich sein.
Da eine additive IOL in den Sulcus ciliaris implantiert wird und sie
somit in direkter Nähe zu uvealem Gewebe liegt, ist deren uveale
Biokompatibilität von größter Bedeutung. Aus diesem Grunde wurde
ein bewährtes hydrophiles Akrylat als Linsenmaterial gewählt und
eine "one-piece"-Linse konstruiert. Die Linsenoptik hat eine konkave
Linsenhinterfläche, um einen Kontakt mit der primären IOL zu
vermeiden. Der Optikdurchmesser ist mit 6,5 mm relativ groß. Dadurch
überlappt die IOL die gesamte Optik der primären Linse, und ein
"optic-capture" wird so vermieden. Da die Linse ja keinen Nachstar
zu verhindern braucht, ist die Optikkante rund, um Dysphotopsien
zu vermeiden. Derzeit existieren eine asphärische (linsenneutrale
Asphärizität) monofokale, eine refraktive mutifokale und eine torische
Variante. Die Linsenhaptik ist 10 Grad gewinkelt, um Iriskontakt
und "optic-capture" zu vermeiden. Die Haptik hat einen Durchmesser
von 13,5 mm und einen undulierenden Außenrand, um Zentrierung
und Rotationsstabilität zu gewährleisten. Die Haptikkanten
sind ebenfalls abgerundet. Die Ergebnisse nach Implantation von
38 Linsen liegen nun vor. Die ersten Fälle weisen nunmehr eine
Nachbeobachtungszeit von 3 Jahren auf. Die Sulcoflex® IOL konnte
in allen Fällen ohne jegliche Komplikation mittels Standardinjektor
(Rayner) und Faltung unter dem Mikroskop durch eine korneale
Inzision (2,75 mm) implantiert werden. Bei den Messungen mit
dem "Laser-Flare-Cell meter" fanden sich Werte, die unter jenen
nach Standard-Kataraktoperationen liegen. Mittels Pentacam und
an der Spaltlampe konnte gezeigt werden, dass in allen Fällen ein
positiver Iris-Linsen-Abstand und ein positiver Linsen-Linsen-Abstand
bestand. Der exakte Sitz der Linse konnte mittels Ultraschallbiometrie
dokumentiert werden. Der postoperative Verlauf war bis
auf einen Fall mit Pupillarblock (sehr kurzes Auge) in allen Fällen
komplikationsfrei. Aus diesem Grunde wird nunmehr bei Augen mit
kleinem vorderem Augensegment und bei Kindern eine Iridotomie
bzw. Iridektomie durchgeführt. Es fanden sich keine Augendruck-
erhöhungen und kein "iris-chafing". Die Linse war in allen Fällen
ausreichend zentriert. In einem Fall kam es zu einer Linsenrotation
der torischen IOL um mehr als 10 Grad. Nach Repositionierung unter
Vermeidung eines Viscoelasticums blieb die Linse rotationsstabil.
Bedingt durch die Sulkusposition der additiven IOL könnte auch eine
Nahtfixation einer Haptik erfolgen. In keinem Fall kam es zu einem
"optic-capture". Alle Augen hatten eine stabile postoperative Refraktion
(± 0,25 dpt). Die Patienten mit der multifokalen Sulcoflex® wurden
gänzlich brillenunabhängig. Der unkorrigierte Visus war in allen
Fällen 0,8 oder besser. Nach einer Nachbeobachtungszeit von
2 Jahren wurde nunmehr auch begonnen, die Linse bei congenitaler
Katarakt anzuwenden. Der erste Patient ist 2 Jahre und verträgt das
Implantat bis jetzt gut. Prinzipiell können additive Linsen primär im
Rahmen der Kataraktoperation unmittelbar nach Implantation der
ersten Linse (Duett-Implantation) oder sekundär bei bereits
bestehender Pseudophakie implantiert werden. Als eine wichtige
Indikation für diese Linse ist wohl die sekundäre Implantation nach einer
"biometrischen Überraschung" zu nennen, sind die postoperativen
Erwartungen vor allem nach refraktiver Linsenchirurgie doch enorm
hoch. Diese Technik ist weniger traumatisch als ein Linsentausch
und kann einen refraktiven Hornhauteingriff ersetzen. Aber auch
die primäre Implantation, gemeinsam mit der ersten Linse (Duett-
Implantation), stellt bei extremen Hyperopien oder Myopien eine
potentielle Indikation dar. Die multifokale Version kann sowohl primär
(Duett) als auch sekundär implantiert werden und sollte bei
richtiger Indikationsstellung in den meisten Fällen zu einer
Brillenunabhängigkeit führen. Aber auch Monovision kann mit diesem
Linsensystem angestrebt werden. Da eine gute Rotationsstabilität
besteht, wurde auch eine torische IOL konstruiert. Die torische
Sulcoflex® kann ebenfalls primär bei präexistentem Astigmatismus oder
sekundär (z.B. nach Keratoplastik) verwendet werden. Mit einem
relativ kleinen Linsenlager könnte die Vorbestellung torischer IOLs
vermieden werden. Für die Duett-Implantation sollten allerdings
Vergleichsstudien erst die Gleichwertigkeit zu torischen kapselsack-
platzierten Linsen bestätigen. An der Kombination einer multifokalen
und torischen Variante wird derzeit noch gearbeitet. Prinzipiell
ermöglicht das Konzept der Duett-Implantation die Linse jederzeit
ohne "Kapselchirurgie" wieder zu entfernen. So hat man zum Beispiel
im Falle von Dysphotopsien nach Implantation einer multifokalen
Linse Zeit, die Neuroadaptation in Ruhe abzuwarten. Sollte
tatsächlich eine Explantation erfolgen, müsste der Patient danach
emmetrop sein. Auch in Fällen, bei denen es postoperativ zu refraktiven
Veränderungen kommt (kongenitale Katarakt, Keratokonus/Globus,
Silikonöltamponade, Keratoplastik etc.) stellt diese Linse eine inte-
ressante Alternative dar. Die Linse könnte je nach Bedarf eingesetzt,
entfernt oder ausgetauscht werden. Prinzipiell könnten in das
Linsenmaterial auch Lichtfilter implementiert werden. Ob auch eine
bestehende Dysphotopsie bei Pseudophakie mit dieser Linse behandelt
werden kann, muss die Zukunft erst zeigen. Die optischen Daten
sprechen dafür. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es im
Rahmen der prospektiven Studie zu keinerlei intraoperativen
Komplikationen kam. Drei Jahre postoperativ waren die Ergebnisse
zufriedenstellend. Additive Linsen stellen ein interessantes, vielseitig
einsetzbares und reversibles Linsenkonzept dar.


Erschienen in:
Klin Monatsbl Augenheilkd 2010; 227: Suppl. 1, S1–S24
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 1431-634X