Panoramawandel im Erregerspektrum - Zur Differenzierung koagulase-negativer Staphylokokken

F. Tost1, U. Ehrt1, C. Höhne2, G. Duncker1
1 Klinik und Poliklinik für Augenkrankheiten
2 Institut für Medizinische Mikrobiologie
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Magdeburger Str. 8, 06097 Halle/Saale


Problemstellung: Die moderne Kataraktchirurgie und Implantologie ermöglicht auf Grund zuverlässiger mikrochirurgischer Techniken eine bestmögliche visuelle Rehabilitation. Im krassen Gegensatz hierzu steht die Prognose einer intraokularen Operation beim Auftreten einer bakteriellen postoperativen Endophthalmitis.

Methodik: Insgesamt untersuchten wir 471 mikrobiologische Bindehautabstriche von 431 nicht vorbehandelten Patienten vor Durchführung einer Katarakt-Operation. Die Staphylococcus-Stämme wurden mit dem Staphaurex-Test bis zum Speciesniveau differenziert. Zur weiteren Klassifizierung der koagulase- negativen Staphylokokken (CNS) verwendeten wir standardisierte biochemische Substrate in dehydratisierter Form (Analyse-Profil- Index Staph-System).

Resultate: Insgesamt ließen sich von 170 Proben (36%) Keime kultivieren. CNS wurden in 131 Abstrichen gefunden, von denen bei 125 eine zuverlässige Artdiagnose gelang. Erwartungsgemäß überwog im Spektrum der isolierten Staphylokokkus- Stämme Staphylococcus epidermidis (78,5%). Unerwartet und daher bemerkenswert ist der Nachweis von 2 seltenen Staphylokokkus- Arten (S. chromogenes und S. lugdunensis). Staphylococcus lugdunensis weist mit 7,4% aller Staphylokokken-Stämme einen bedeutenden Anteil auf. Der Keim wurde erstmals 1988 von Freney et al. mit Hilfe von DNA-Untersuchungen beschrieben. Zur Resistenzbestimmung: Entsprechend der Bewertungsstufen (nach DIN 58940) waren 48,8% der untersuchten Stämme (61) gegen alle Antibiotika empfindlich. Bei Resistenz gegenüber einem Antibiotikum handelte es sich in überwiegendem Maße um Penicillin/Ampicillin 9,6% bzw. Doxycyclin 8,8%. Die beste Wirkung verzeichneten die Aminoglykoside, Neomycin, Amikazin, Gentamicin, sowie das Intermediär-Cephalosporin Cefotiam.

Schlußfolgerung: Hervorzuheben ist der erstmalige Nachweis und im Vergleich hohe Anteil von Staphylococcus lugdunensis im untersuchten Einzugsgebiet der Universitäts-Augenklinik Halle. Entgegen anderen mikrobiologischen Studien waren von den 10 isolierten Stämmen 4 mit Resistenzen gegenüber den getesteten Antibiotika behaftet. Diese Resultate müssen als Anzeichen für eine beginnende Verbreitung von Antibiotikaresistenzen innerhalb dieser neuen Staphylokokkenart gewertet werden. Es deutet sich damit ein Panoramawandel im Erregerspektrum an. Selektionsdruck und zunehmende Besiedelung der Bindehautflora mit resistenten Keimen dürften die Ursachen hierfür sein.